Sonntag, 1. Juli 2018

Wie wichtig ist eigentlich das Lektorat?

Sehr wichtig! Verdammt wichtig!
Da braucht man auch eigentlich nicht zu diskutieren , aber trotzdem kommt es immer wieder vor dass, ein schlechtes oder nicht vorhandenes Lektorat mir den Lesespaß nimmt.

Ich selbst bin kein Rechtschreibungs- oder Zeichensetzungsprofi und der Fehlerteufel schleicht sich sehr gerne mal bei mir ein. Fehler können passieren und egal ob Verlagsbuch oder Selfpublisherwerk, kleine Fehlerchen überlese ich und nehme ich kaum wahr.

Schlimm wird es nur wenn es überhand nimmt, wenn nicht nur Rechtschreibfehler , sondern auch Logikfehler das Buch durchziehen , das ganze ungelenk klingt, es alles noch igendwie in Rohform ist. Ein Buch zu schreiben ist viel arbeit und ich habe wirklich Respekt davor, wie oft das eigene Werk eigentlich gelesen und überarbeitet werden muss, vom Autor, Testleser und Lektoren bis es am Ende rund und stimmig ist und wir es zu lesen bekommen sollten.

Da ich keine Lektorin bin, habe ich mir jemanden an die Seite gezogen, die einen professionellen Einblick in das ganze geben kann und auch erklärt was eine Lektorin eigentlich macht. Und nicht nur das mir wurden sogar Lektoratsschnipsel zur Verfügung stellt.

Tatjana Weichel von Wortfinesse, professionelle und freie Korrektorin, die ebenfalls lektoriert und Plotchoachings anbietet, hat mir mal ein paar Fragen zum Lektorat beantwortet, was mich besonders freut, denn einige davon sind absolute Lieblingsbücher, schon mal hier ein riesiges Dankeschön an dich tatjana, für die Zusammenarbeit!
Übrigens an den Büchern die ihr oben seht , hat Tatjana überall mitgearbeitet.

Die erste Frage ist wohl auch die wichtigste, denn was macht eine Lektorin/ ein Lektor eigentlich?
Als Lektorin lese ich einen Text und setze meinen Fokus auf Logik, Verständnis und Zusammenhang. Dabei bleibe ich sachlich, und alles, worüber ich stolpere (und vermutlich auch der/die Leser*in), vermerke ich in Kommentaren oder direkt im Text und gebe Hilfestellung, wie sich das vorliegende Problem lösen lässt.
Es ist mir sehr wichtig, auch die Stärken eines Textes hervorzuheben. Der/die Autor*in darf nie entmutigt oder demotiviert werden. Er/sie soll jederzeit merken, dass ich diese Geschichte zu einer besseren machen möchte.
Dazu gehört für mich, zwischen den Zeilen zu lesen und zu erkennen, was der/die Autor*in überhaupt aussagen möchte und den Weg dorthin zu ebnen. Ich möchte den Stil der Schreibenden nie verändern, sondern nur abrunden, verbessern und fördern.
Wenn am Ende der/die Autor*in sagt, dass sein/ihr Buch durch mich besser geworden ist, habe ich gute Arbeit geleistet.
Das Lektorat ist also die Überarbeitung eines Textes in Stil, Grammatik, Satzbau und Inhalt.
Wie ist denn der Ablauf und wie lange dauert es? 
Ich arbeite als Freie Lektorin, bin also nicht fest in einem Verlag angestellt.

Wenn ich angefragt werde, maile oder schreibe ich zunächst mit dem Kunden/der Kundin. Es werden die gängigen Fragen geklärt: Was kostet so etwas, wie lange dauert es, wann habe ich Zeit dafür?

Für diesen Prozess bitte ich zunächst um ein Exposé und eine Leseprobe. An beidem kann ich den ungefähren Arbeitsaufwand einschätzen:

Das Exposé zeigt mir, ob die Geschichte durchdacht und stimmig ist oder inhaltliche Zusammenhänge fehlen. Die Leseprobe zeigt mir den Schreibstil der Kunden, ich kann daran erkennen, ob er/sie das Handwerk beherrscht, ob es Grundsätzliches zu beachten gibt. Viele haben Probleme mit der Erzählperspektive, das vergrößert den Arbeitsaufwand.

Wenn es dann zum Auftrag kommt, wird zunächst der Zeitrahmen festgelegt, in dem wir arbeiten können, und wann das Projekt fertig sein muss. Bei SelfPublishern ist das meistens etwas lockerer und großzügiger, bei Verlagsaufträgen haben wir eine feste Deadline.

Ich biete den Autoren oft eine Arbeitsprobe von 2-3 Seiten an, damit sie sehen, wie ich arbeite, wie ich kommentiere, wie ich ihren Schreibstil ausbessere. Bisher ist das gut angekommen, weil es Sicherheit vermittelt - für beide Seiten. Sollte es einmal nicht passen, hat man zu diesem Zeitpunkt noch gut die Möglichkeit, das Lektorat zu wechseln.

Tja, und dann geht die Arbeit los. 
Wie lange diese dauert, richtet sich ganz danach, wie meine Termine liegen, wie viele Seiten das Buch hat, und maßgeblich natürlich auch daran, was tatsächlich zu tun ist.

Man rechnet zwischen 8 und 12 Normseiten pro Stunde, die man zu lesen schafft. Für ein Buch von 250-300 Seiten setze ich eine Woche Arbeitszeit an, danach geht das Buch zurück zum/r Autor*in. In der Zeit fange ich das nächste Projekt an.

Wenn ich einen zweiten Durchgang lese, schaue ich noch einmal die Änderungen durch, bestätige sie oder lehne sie ab und korrigiere kleine Feinheiten. Danach geht das Buch entweder wieder zurück oder ich schicke es zum Verlag.
Aber wieso ist deiner Meinung nach ein professionelles Lektorat so wichtig?
Eine Geschichte zu schreiben ist ein Vorgang, der bei dem Autor/der Autorin im Kopf, aber vor allem im Herzen stattfindet. Viele Kleinigkeiten passieren nur dort, finden aber nicht immer den Weg in den Text. Aber sie fließen ein, und so kommt es, dass die Geschichte sich zwar gut anfühlt, sich aber nicht immer gut lesen lässt. An dieser Stelle helfe ich, aus den Worten, den Gedanken und Gefühlen eines Menschen eine runde, harmonische und in sich stimmige Geschichte zu kreieren.

Freunde und Familie sind zwar wertvolle Testleser, finden aber nicht immer den richtigen Zugang zum Kern einer Geschichte, und die emotionale Beziehung steht einer Kritik oder deutlichen Worten oft im Weg. Da braucht es die Sicht von außen, die Sicht eines Profis, und da weiß ich, worauf ich achten muss.
Natürlich tun sich viele Autor*innen schwer damit, ihr Werk in fremde Hände zu geben, aber wie bei allen Dienstleistungen, die man sich von außen holt, braucht es Vertrauen, und die Chemie muss stimmen. Wenn das alles passt, ist die Zusammenarbeit motivierend, prägend und inspirierend.
 Gibt es einen Unterschied zwischen Lektorat und Korrektorat?
Ein Korrektorat ist die Arbeit nach dem Lektorat und nach der Überarbeitung. In einem letzten Lesedurchgang werden noch einmal alle Fehler ausgemerzt, die sich eingeschlichen haben: Rechtschreibung, Orthografie und Interpunktion.
Das Korrektorat ist also genau so wichtig wie das Lektorat.

Hast du ein paar lustige Anekdoten aus deiner Zeit als Lektorin?
Ach, da fällt mir so viel ein. Es ist ja immer sehr lustig, man kann diese Arbeit auch humorvoll gestalten, und dann entwickelt sich eine Dynamik, die das Arbeiten zu etwas sehr Schönem macht. Oft ist es so eine Art Situationskomik, die sich aus einer Szene im Buch entwickelt, und so entsteht eine ganze eigene, kleine Welt, die man zwischen sich schafft.
Mit freundlicher Genehmigung von den Autorinnen Kim Leopold  und Katharina Wolf  darf ich euch sogar ein paar Schnipsel aus den Lektoraten von Black Heart und Nachrichten von Mr. Dean zeigen. 
Am besten klickt ihr auf die Bilder um sie richtig gut lesen zu können.

Black Heart:



Hier nach hat Kim das komplette Kapitel umgeschrieben und ich habe mir sagen lassen, dass es so deutlich besser ist.

Nachrichten von Mr. Dean

Als ich erfahren habe, dass mir Screenshots aus dem Buch geschickt werden, war ich richtig glücklich, denn das Buch zählt zu meinen Lieblingen und ich fand es total spannend da auch mal ins Lektorat reinzuschnuppern.



Den Ausdruck petzte kenne ich übrigens auch nur wenn man jemanden bei jemand anderem verrät. also etwas weiterpetzt. 

Ich hoffe euch hat der Artikel gefallen , mir hat es jedenfalls sehr viel Spaß gemacht und es war ein Thema das mir irgendwie auf der Seele brannte.
Habt einen schönen Tag!

1 Kommentar:

  1. Hey,

    das war ein toller Artikel :)! Schöner Post und interessantes Interview. Und die Korrekturen geben einen super Einblick und sind wirklich sehr amüsant :D Da achtet ein Lektor/eine Lektorin ja wirklich bis ins Detail auf die Logik des Inhalts bzw. der einzelnen Sätze. War mir bislang gar nicht bewusst.

    Wirklich eine ungeheuer wichtige Arbeit, leider fällt sie meist erst dann auf, wenn sie nicht passt xD oder nach einem Zitat, dass ich neulich in einem Literaturmagazin entdeckt habe "Die 2 Fehler, die ich übersehen habe werden bekritelt, die 300 ausgebesserten fallen natürlich niemandem auf.".

    Ich habe übrigens diese Woche mal einen Post über meinen Job im Buchbereich verfasst, falls du auch Interesse am Buchhandel hast :)

    Berufswunsch Buchhändler

    Liebe Grüße!

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